Köln: 09.–11.06.2026 #thetirecologne

DE Icon Pfeil Icon Pfeil
DE Element 13300 Element 12300 EN
Ein Interview mit Stephan Helm vom BRV

„Der Reifenmarkt ist in einer Transformation“

Der globale Reifenmarkt befindet sich in einem dynamischen Wandel. Themen wie Nachhaltigkeit, E-Mobilität oder die Rekrutierung von Fachkräften gewinnen zunehmend an Bedeutung. Wir sprechen mit Stephan Helm, Vorsitzender im Vorstand des BRV Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. über aktuelle Entwicklungen der Branche und Chancen für die Zukunft.

Stephan Helm © Koelnmesse GmbH

Stephan Helm ist Vorsitzender im Vorstand des BRV Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. © Koelnmesse GmbH

Neue Anforderungen für die Branche

Herr Helm, welche aktuellen Entwicklungen beobachten Sie zurzeit im Reifenmarkt in Deutschland und auf internationaler Ebene?

Die Konjunkturaussichten in Deutschland waren im Winterhalbjahr 2023/2024 eingetrübt und die rezessive Phase hielt im Jahr 2024 an. Das BIP sank 2023 und wird 2024 nur schwach steigen, wenn überhaupt. Die geopolitische Situation bleibt angespannt und unvorhersehbar. Die Preise für Kautschukrohstoffe bewegen sich seitwärts auf hohem Niveau. Es gibt hohe Risiken für die Weltkonjunktur durch geopolitische Konflikte. Nachhaltigkeitsaspekte bestimmen zunehmend Forschung und Entwicklung für Reifen. Emissionsvorgaben für Neufahrzeuge erfordern optimierte Erstausrüstungs-Reifen und stehen ebenso wie der Reifenabrieb in den kommenden Jahren im Fokus. Der globale Reifenmarkt befindet sich ebenfalls in einer Phase dynamischer Transformation, mit neuen Anforderungen an Nachhaltigkeit und Effizienz sowie zunehmender Digitalisierung. Die globale Zunahme der Fahrzeugproduktion mit einem wachsenden Anteil an E-Autos und der Wettbewerb zwischen internationalen Reifenherstellern treiben den Markt voran.

Verantwortung für Produzenten

Es gibt zunehmende gesetzliche Anforderungen an die Nachhaltigkeit im Produktlebenszyklus. Wo sehen Sie hierbei die größten Chancen und Herausforderungen für die Reifenindustrie?

Wir als Händler bewegen das Produkt nur zu einem geringen Anteil und sind meines Erachtens eher in der Verantwortung des Serviceangebotes. Der professionelle Reifenfachhandel führt die Neuware dem Verbraucher und die Karkasse entweder einem Runderneuerer oder einem zertifizierten Entsorger zu.
Der Frage ist die primäre Verantwortung des Herstellers zu entnehmen und dieser muss entsprechende Antworten liefern. Meine persönliche Einschätzung ist, dass die Produzenten Ihrer Verantwortung noch nicht vollumfänglich nachkommen.

Der globale Reifenmarkt befindet sich im Wandel (Bild: Koelnmesse GmbH)

Der globale Reifenmarkt befindet sich in einer Phase dynamischer Transformation mit neuen Anforderungen. © Koelnmesse GmbH

Einführung der RDKS-Pflicht

Wie bewerten Sie die RDKS-Pflicht für Nutzfahrzeuge, die ab diesem Juni für Neuzulassungen in Kraft tritt?

Der BRV sieht der Einführung der RDKS-Pflicht für Nutzfahrzeuge mit "gemischten Gefühlen" entgegen. Es gibt weiterhin Bedenken hinsichtlich der zu erwartenden Problematik des RDKS-Handlings insbesondere im Panneneinsatz und der entsprechenden Auswirkungen auf den Reifen- und Pannenservice.
Der BRV plant, Nutzfahrzeug-Dienstleister über die Problematik zu informieren und sie zu sensibilisieren, auch ihre Kunden auf mögliche Auswirkungen hinzuweisen. Es wird eine Info-Veranstaltung zum Thema RDKS für Nutzfahrzeuge im Rahmen der THE TIRE COLOGNE 2024 organisiert, um die Dienstleister zu informieren und auf die neue Situation vorzubereiten.

Serviceoptimierung im Reifenhandel

Wie in anderen Branchen auch gibt es im Reifenhandel einen zunehmenden Fachkräftemangel. Wie begegnen Sie in ihrem eigenen Betrieb dieser Situation und was würden Sie anderen Unternehmen raten?

Der Reifenfachhandel ist längst mehr Serviceunternehmer als Händler und bewegt sich weiter in diese Richtung. Entsprechend verschärft sich das Problem nicht nur im Bereich der Verfügbarkeit qualifizierten Personals. Die steigende Nachfrage nach Serviceleistungen treibt die Problematik zusätzlich.
Wir bewegen im Wesentlichen drei Hebel: Steigerung der Ausbildungszahlen, Verbesserung der Ausbildungsqualität (während und nach der Ausbildung) sowie Verbesserung der Vergütung, um im direkten Wettbewerb mit anderen Gewerken zu bestehen. Alle drei Hebel bedingen zwingend eine deutliche Steigerung der Dienstleistungspreise. Nur so können wir die notwendigen Erträge realisieren, um unser Angebot zu verbessern. Glücklicherweise zeigen die Marktpreise seit einigen Jahren einen deutlich positiven Trend auf. Der Reifenhandel scheint verstanden zu haben, dass wir unsere Serviceleistungen besser vermarkten müssen.

BRV Ausbildungs-Award 2024 (Bild: Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V.)

Der BRV flankiert die Nachwuchsgewinnung mit der Verleihung des BRV Ausbildungs-Awards. © Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V.

Zukünftige Herausforderungen

Welche weiteren Herausforderungen sehen Sie für den Reifenfachhandel mit Blick auf die nahe Zukunft?

Das Thema Personal ist und bleibt nach wie vor ein Dauerbrenner. Die Branche setzt schwerpunktmäßig auf Nachwuchsgewinnung. So hat eine große Kooperation kürzlich eine beachtenswerte Azubi-Kampagne gestartet. Der BRV flankiert diese Maßnahmen mit der Verleihung der BRV Ausbildungs-Awards.
Auch beim Thema Personal ist das weitere Trendthema Digitalisierung wichtig. Wie schaffen wir es zukünftig, mit gleich viel oder eventuell sogar etwas weniger Personal die gleichen Dienstleistungen anzubieten? Dies gilt für den Verband und die Mitglieder gleichermaßen. Hier führt kein Weg an der Automatisierung von Prozessen vorbei.
Als drittes Thema drängt die Nachhaltigkeit immer stärker in den Vordergrund. Nicht nur bei der Reifenherstellung, auch die fachgerechte Entsorgung wird immer weiter in den Fokus rücken. Für die zahlreichen Mitglieder, die den Kfz-Service erfolgreich in Ihr Angebot integriert haben, stellt die steigende technische Komplexität der Fahrzeuge sowie die Schnittstellen zu den Herstellersystemen eine weitere Herausforderung dar.

Eingang Nord der THE TIRE COLOGNE (Bild: Koelnmesse GmbH)

Auf der THE TIRE COLOGNE 2024 wir der BRV-Stand am Eingang Nord ein vielfältiges Programm bieten. © Koelnmesse GmbH

Programm auf der Messe

Der BRV ist mit einem eigenen Stand auf der THE TIRE COLOGNE 2024 vertreten. Was werden Sie dort präsentieren?

Der BRV-Stand direkt am Eingang Nord mit der Standnummer B-002 dient als Treffpunkt der Branche, um sich über unsere Leistungen und Angebote auszutauschen.

Für den BRV ist es essenziell, sichtbar für den Reifenfachhandel zu sein. Deshalb steht für uns die Präsentation des verbandlichen Leitungsspektrum im Fokus. Und das nicht nur potenziellen Neumitgliedern, sondern auch bestehenden Mitgliedern, denen diese Vielfalt (noch) nicht so bewusst ist.
Der Stand bietet aber nicht nur die Gelegenheit, mit dem BRV-Team, sondern auch mit einigen Partnern des BRV Kontakt aufzunehmen. Am Stand erwarten Sie: Rechtsanwalt Frank Döring von der Kanzlei JEP, der BRV-Mitglieder in Sachen Recht berät; Enrico Göpfert und Christian Junker von der Handwerkskammer Erfurt, die unsere Branche mit dem neuen Schulungszentrum in Sachen Ausbildung begleiten; Stephan Surmont von EBTS Pro Assist N.V., der unsere Branche in Sachen Pannenservice vernetzt; Vertreter vom Zentralverband des Deutschen Kfz-Handwerks, die uns in Sachen Kfz-Service coachen sowie Bernhard Schleicher von ForrestSchleicher, der Branchenbetriebe in Sachen Versicherung berät.

Autor

Leif Hallerbach I Broekman+Partner